Ludwigsburg, June 12- 13, 2010
230 hochklassige Oldtimer im barocken Schlosspark – so
viele Fahrzeuge gab es bei Retro Classics meets Barock
noch nie. Doch nicht nur die Anzahl, auch die Qualität der
Fahrzeuge überzeugte. Unter 60 Fahrzeugen, die beim
Concours d´Élégance nach dem strengen Reglement des
Oldtimer-Weltverbands FIVA bewertet wurden, machte der
Mercedes-Benz 710 SS von 1929 mit Castagna-Karosserie
das Rennen. Der außergewöhnliche Wagen wurde von der
Gesellschaft der Freunde historischer Automobile in
München zur Bewertung gebracht. Sieger des Festival of
Classic Cars mit Fahrzeugen bis 1980 wurde der Borgward
Isabella mit Baujahr 1956 von Uwe Vogel.
Klassische Fahrzeuge, wohin das Auge blickt – bei Retro
Classics meets Barock kamen Teilnehmer, Jury und Besucher
voll auf ihre Kosten. Vom VW Käfer bis zum Rolls Royce - aus
jeder Fahrzeugklasse und Epoche der Automobilität waren
Oldtimer-Besitzer mit ihren bestens restaurierten und gepflegten
Liebhaberstücken gekommen. Wenn auch die kleinen, aus
eigener Anschauung bekannten Fahrzeuge die Besucher
begeisterten, galt doch die Neugier zuerst den eleganten
hochklassigen Fahrzeugen des Concours d´Élégance: Teilnehmer
und Zuschauer erwarteten am Samstag und Sonntag Nachmittag
gespannt die Ergebnisse der Jury.
Einhellig lobte die Jury die Qualität der ausgestellten Automobile.
„Es ist eine Freude für uns, so viele so schöne und perfekte
Fahrzeuge bewerten zu dürfen“, sagte Jury-Leiter Matthias Runar.
Daher fiel der Jury die Bewertung nicht leicht. Wieder einmal
brachte der italienische Oldtimer-Sammler Corrado Lopresto
einen neu restaurierten Wagen mit nach Ludwigsburg. Der Lancia
Florida von 1955 ist ein Prototyp und Einzelstück, revolutionierte
das Auto-Design der damaligen Zeit und belegt daher den Platz 1
der Klasse „Post War geschlossen“. Das erstklassige Fahrzeug
war im April 2010 Gesamtsieger des Concours d´Élégance von
Villa d´Este in Italien.
In der Klasse „Post-War offen“ hatten die Juroren die Qual der
Wahl zwischen mehreren sehr schönen Fahrzeugen. Das
Gewinnerfahrzeug ist ein grüner Alfa Romeo 2500 SS „Matching
Numbers“ mit Baujahr 1947, den der Besitzer Rudolph Henle erst
im März bei der Oldtimermesse RETRO CLASSICS erworben hat.
Der Wagen mit Pininfarina-Karosserie besitzt drei
Weber-Vergaser statt der üblichen zwei und hat wie alle Alfa
Romeo Sportwagen das Lenkrad auf der rechten Seite, damit der
Fahrer bei Autorennen auf der Innenseite des Parcours sitzt. Den
zweiten Platz in dieser Klasse belegt ein sagenhaftes Delahaye
135 M Coupé mit Baujahr 1949, das vom berühmten Karossier
Saoutchik aufgebaut wurde. Der schneeweiße Wagen war ein
Publikumsliebling.
Das Gewinnerfahrzeug, der Mercedes-Benz 710 SS mit
Castagna-Karosserie, beweist, dass auch ältere Fahrzeuge das
Zeug haben, einen Concours d´Élégance zu gewinnen. Für den
Erstbesitzer Samuel Lionel „Roxy“ Rothafel, den Eigentümer der
amerikanischen Roxy-Filmtheater, kam natürlich nur ein
Superklasse-Fahrzeug in Frage. Sein Mercedes-Benz des
Chef-Konstrukteurs Ferdinand Porsche mit 7,1 Liter Hubraum
brachte es auf 200 PS und erreichte mit zugeschaltetem
Roots-Gebläse eine damals sensationelle Höchstgeschwindigkeit
von 190 km/h. Wahrscheinlich war er der damals schnellste
Straßenwagen der Welt. Rothafel beauftragte den Mailänder
Karosseriehersteller Castagna, das Fahrgestell mit einem
zweisitzigen Aufbau zu versehen. Der Wagen besitzt alle
Eigenschaften eines Gewinnerfahrzeugs: Technische Perfektion
bei innovativer Technik und völlig neuartigem Design, eine
klassische Linienführung, die von allen Seiten gleich schön
anzusehen ist, Detailgenauigkeit und perfekte Restauration, die
den Wagen möglichst nah an den Originalzustand bringt. Alle
Teile, Farben und Materialien sind so, wie sie zum Zeitpunkt der
Herstellung waren.
Die Leidenschaft der neuen Besitzer für ihr klassisches Automobil
führt zu großen Anstrengungen in Sachen Restaurierung. Corrado
Lopresto berichtete von der Restaurierung einer Isotta Fraschini,
während der ein Mechaniker einen Kolben auswechseln wollte.
Weil aber in diesen Kolben das Firmensignet eingraviert war,
bestand der Besitzer auf einer Restaurierung des vorhandenen
Kolbens und wurde für diese Detailgenauheit belohnt: „Durch den
Erhalt der Kolben blieb der Motorsound erhalten“, erzählte
Lopresto.
Die Leidenschaft für die Automobile bringt die Besitzer dazu, sehr
viel Geld in die Restaurierung zu investieren, sodass deren Wert
nach der Restaurierung in manchen Fällen 2 Millionen Euro und
mehr beträgt. Aber auch kleine und weit günstigere Fahrzeuge
haben eine Chance, einen der begehrten Pokale mit nach Hause
zu nehmen. Bei deren Restaurierung zahlt sich vor allem die
Liebe zum Detail aus. So gewann ein VW 14 A die
Kleinwagenklasse beim Festival of Classic Cars, während ein
Ford Taunus 2 XL die Sparte „Classics 2“ mit Fahrzeugen der
Baujahre 1971 bis 1980 anführt.
Die Zuschauer bei Retro Classics meets Barock lieben das
Ereignis, denn wo hat man sonst die Gelegenheit, so viele
wunderschöne Oldtimer in so schöner Umgebung zu sehen?
„Ludwigsburg ist für mich das Villa d´Este von Deutschland“,
sagte der prominente Teilnehmer Corrado Lopresto. Er schätzt
die malerische Kulisse vor dem Ludwigsburger Barockschloss
genauso wie die herrlichen Fahrzeuge. Auch Show-Star Peter
Kraus besuchte mit seiner Gattin das Oldtimer-Event. „Früher
habe ich selbst Rallyes gefahren, zum Beispiel von Sizilien zum
Nordkap“, erzählte der Oldtimer-Fan, der selbst mehrere
klassische Fahrzeuge besitzt und diese auch selbst repariert und
restauriert.
Roland Bleinroth. Chef der Stuttgarter Messe, wies auf den
emotionalen Faktor des Oldtimer-Hobbys hin: „Wenn die
sparsamen Schwaben solche große Summen investieren, muss
da schon ihr Herz daran hängen!“, führte er beim Gala-Abend aus
und formulierte das Geheimnis des Erfolgs als Dreiklang von
Tradition, Innovation und Emotion. Baden-Württembergs
Stellvertretender Ministerpräsident und Justizminister Prof. Dr.
Ulrich Goll ließ es sich nicht nehmen, bei Retro Classics meets
Barock einen klassischen Rennwagen zu testen.
Er eröffnete die Abendveranstaltung und betonte bei seinem
Grußwort die wirtschaftliche Bedeutung der Automobilindustrie:
„Oldtimer sind als Wertanlage dermaßen in der Gunst der Anleger
gestiegen, dass das Motto heißen könnte: Heckflosse statt
Hedge-Fonds“, führte er aus. Beim Gala-Abend wurden außerdem
zwei leidenschaftliche Oldtimerfans mit dem „RetroClassicCultur
Award“ belohnt. Dieser Preis wurde erstmalig an den Partner der
Veranstaltung Josef May und an den Juror Siegfried Linke
vergeben. Mit dem Award werden in Zukunft jedes Jahr
Persönlichkeiten ausgezeichnet, die sich in besonderer Weise für
klassische Automobile und die Veranstaltung Retro Classics
meets Barock einsetzen.
Silhouette-Geschäftsführer Josef May, Partner von Retro Classics
meets Barock, erhält den RetroClassicCultur Award des RCC
e.V. aus der Hand von Prof. Dr. Ulrich Goll, Justizminister und
Stellvertretender Ministerpräsident von Baden-Württemberg.
Fahrzeuge in Aktion beim Gleichmäßigkeits-Fahrwettbewerb rund
um den Schlossteich, Unterhaltungsmusik aus den 1930er- bis
1960er-Jahren, strahlende Preisträger und viel Bewegung im
inneren Schlosshof und im Südgarten – das Oldtimer-Festival hat
auch 2010 wieder viele Menschen begeistert. Kurzfristig hatten
sich auch bekannte Persönlichkeiten aus der Rennfahrerszene
angemeldet: Herbert Linge, Hans Mezger, Kurt Ahrens sowie die
Rennfahrer-Legenden Eberhard Mahle und Hans Herrmann freuten
sich über die vielen hochklassigen Fahrzeuge bei Retro Classics
meets Barock.
Das Fazit des Jury-Vorsitzenden Professor Peter Pfeiffer,
Präsident des Rates für Formgebung Deutschland: „Wetter,
Autos und Stimmung – alles passte hervorragend. Wir von der
Jury sind überrascht, dass immer wieder Automobile entdeckt
und hierher gebracht werden, die selbst wir Experten noch nie
gesehen haben. Das Wochenende ist dazu angetan, mit
Zuversicht ins nächste Jahr zu blicken.“
Silhouette-Geschäftsführer Josef May, einer der Partner des
Events, fasste das Ergebnis so zusammen: „Anspruchsvolle
Fahrzeuge, gutes Wetter, viele zufriedene Besucher – die
Veranstaltung wird nächstes Jahr schwierig zu toppen sein. Aber
ich vertraue da ganz auf den engagierten Veranstalter!“
„Wir sind stolz darauf, dass wir auch in wirtschaftlich schwierigen
Zeiten wieder eine so schöne Veranstaltung auf die Beine stellen
konnten“, sagte Veranstalter Karl Ulrich Herrmann. Er dankte
allen Beteiligten und übergab zum Abschluss der Veranstaltung
in seiner Funktion als 1. Vorsitzender des RetroClassicCultur
e.V. eine Spende von 15.611 Euro an den Verein StarCare. Das
gesammelte Geld bildet den Grundstock für einen
Baby-Notarztwagen, der für akute Notfälle in Ludwigsburg und in
der Region zur Verfügung stehen soll.
Images Peter Singhof
www.ClassicCarPhotography.de
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